Dekret des Präsidenten der Republik |
§1 |
1. Sämtliche Vermögensüberführungen und sämtliche vermögensrechtlichen Aktionen, ob sie bewegliches oder unbewegliches, öffentliches oder privates Eigentum betreffen, sind ungültig, sofern sie nach dem 29. September 1938 unter dem Druck der Besetzung oder der nationalen, rassischen oder politischen Verfolgung abgeschlossen wurden. |
§2 |
1. Das Vermögen staatlich Unzuverlässiger auf dem Gebiete der Cechoslovakischen Republik wird nach den weiteren Bestimmungen dieses Dekretes unter nationale Verwaltung gestellt. |
§3 |
Die nationale Verwaltung wird bei allen Unternehmungen (Betrieben) und Vermögenswerten durchgeführt, wo es der glatte Ablauf der Erzeugung und des wirtschaftlichen Lebens erfordert, insbesondere bei Betrieben, Unternehmungen und Vermögenswerten, die im Stiche gelassen wurden, oder solchen, die in Besitz, Verwaltung, Miete oder Pacht staatlich unzuverlässiger Personen sind. |
§4 |
Als staatlich Unzuverlässige sind anzusehen: |
§5 |
Als staatlich unzuverlässig sind von den juridischen Personen diejenigen anzusehen, deren Verwaltung absichtlich und geflissentlich der deutschen oder mad'arischen Kriegführung oder faschistischen oder nazistischen Zwecken dienten. |
§6 |
Als Personen deutscher oder mad'arischer Nationalität sind Personen anzusehen, die bei irgendeiner Volkszählung vom Jahre 1929 an sich zur deutschen oder mad'arischen Nationalität bekannten oder Mitglieder völkischer Gruppen oder Formationen oder politischer Parteien geworden sind, die Personen deutscher oder mad'arischer Nationalität zusammenschlossen. |
§7 |
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§8 |
1. Eine Entscheidung im Sinne des § 7 ist bei Unternehmungen, die im § 7, Buchstaben a, b, c, d angeführt sind, im Übereinkommen mit dem Betriebsausschuß (Betriebsrat) oder anderen Angestellten der Unternehmen zu treffen. Kommt es zu keiner Einigung, so entscheidet das höhere Organ. |
§9 |
Droht Verzugsgefahr, besonders wenn der Betrieb im Stich gelassen wurde oder in den Besitz oder das Unternehmen staatlich unzuverlässige Personen eingreifen, so sind die Okresni narodni vybory *[Bezirksnationalausschüsse] ermächtigt, auch bei anderweitiger Zuständigkeit einen provisorischen nationalen Verwalter bis zur Entscheidung des zuständigen Organs im Sinne des § 7 zu nennen. |
§10 |
1. Der zuständige Zemsky narodni vybor *[Landesnationalausschuß], in der Slovakei die Slovenska narodni rada *[Slowakische Nationalrat] , kann nach Anhörung des Betriebsausschusses, falls es das öffentliche Interesse fordert, die Entscheidung des Okresni narodni vybor *[Bezirksnationalausschusses] oder des örtlichen Narodni vybor *[Ortnnationalausschusses] bezüglich der Einführung der nationalen Verwaltung oder der Ernennung der nationalen Verwalter von Amts wegen abändern und andere Verfügungen treffen. |
§11 |
Die nationale Verwaltung ist aufzuheben, sobald die Gründe wegfallen, aus denen sie eingeführt worden sind. Es hebt sie das Organ auf, das sie eingeführt hat. |
§12 |
1. Eine zeitweilige nationale Verwaltung ist bei allen genossenschaftlichen Unternehmungen und landwirtschaftlichen, Konsum-, Geld- usw. Organisationen durchzuführen. |
§13 |
Der zuständige Narodni vybor des Landes *[Landesnationalausschuß], in der Slovakei die Slovenska narodni rada *[der Slowakischer Nationalrat] , kann aus zwingenden Gründen die nationale Verwaltung auch in Fach-, Wirtschafts-, Kultur- und Interessen-Genossenschaften einführen. |
§14 |
1. Die Entscheidung über die Einführung und Aufhebung der nationalen Verwaltung, der Ernennung und Abberufung der nationalen Verwalter muß schriftlich ausgegeben werden. |
§15 |
Auf Grund der Entscheidung laut § 14 führt als Amtsgewalt |
§16 |
1. Zum nationalen Verwalter soll nur eine mit entsprechenden fachlichen und praktischen Kenntnissen ausgerüstete, moralisch unbescholtene, staatstreue Person bestellt werden. |
§17 |
1. Bei kleineren Vermögen, Kleinbetrieben, Gewerbebetrieben und ähnl. kann ein Verwalter für mehrere Betreibe, resp. Vermögenswerte bestellt werden. |
§18 |
Vor Antritt des Amtes legen die nationalen Verwalter dem nach § 7 zuständigen Organ einen Eid ab, daß sie gewissenhaft ihre Pflichten mit der Fürsorge eines ordentlichen Wirtschafters in Übereinstimmung mit wirtschaftlichen, nationalen und anderen öffentlichen Interessen, erfüllen werden. |
§19 |
Bei der Ausübung ihrer Funktion haben die nationalen Verwalter die Stellung von öffentlichen Organen im Sinne des § 69 des Strafges. v. 27. Mai 1852, Z. 117 RG. § 461, Ges.Abs. V / 1878, resp. § 5. Ges. Abs. XI/1914. |
§20 |
1. Die Rechtsverfahren, welche von den Eigentümern, Besitzern und Verwaltern der Vermögen, die unter die nationale Verwaltung fallen, betreffend die Substanz dieser Vermögen bis zur Wirksamkeit dieses Dekretes durchgeführt werden, sind ungültig. |
§21 |
Der nationale Verwalter verwaltet das Vermögen, das unter nationale Verwaltung gestellt wurde, und ist berechtigt und verpflichtet, alle Verfügungen zu treffen, die für eine ordentliche Verwaltung nötig sind. Er ist verpflichtet, mit der Fürsorge eines ordentlichen Hauswirts zu handeln, und ist für jeden Schaden verantwortlich, der sich aus der Vernachlässigung seiner Pflicht ergeben sollte. |
§22 |
1. Der nationale Verwalter ist verpflichtet, über seine Bewirtschaftung dem nach § 7 kompetenten Organ Rechnung zu legen zu Terminen, die von diesem Organ bestimmt werden, und jederzeit die notwendigen oder geforderten Auskünfte und Erläuterungen zu geben. |
§23 |
Der nationale Verwalter hat Anspuch auf Ersatz der tatsächlichen Ausgaben und auf Remuneration, deren Höhe das nach § 7 kompetente Organ bestimmt. Diese Kosten gehen zu Lasten der verwalteten Substanz. |
§24 |
1. Das unter nationale Verwaltung gestellte Eigentum, welches Arbeitern, Landwirten, Gewerbetreibenden, kleinen und mittleren Unternehmern, Beamten, Angehörigen freier Berufe und Personen in ähnlicher sozialer Stellung gehörte und das sie als Folge nationaler, politischer oder rassischer Verfolgung verloren, möge, soweit es sich nicht um Personen handelt, die in § 4 angeführt sind, aus der nationalen Verwaltung genommen und den früheren Besitzern, bzw. ihren Erben sogleich zurückgegeben werden. |
§25 |
1. Gegen die Entscheidung des Narodni vybor am Orte *[Ortsnationalausschusses] ist die Berufung an den Narodni vybor *[Bezirksnationalausschusses] zulässig, der mit endgültiger Wirksamkeit entscheidet. |
§26 |
Geht es nicht um eine strenger zu bestrafende Tat, wird wegen Vergehungen mit Freiheitsstrafen bis zu 5 Jahren und Geldstrafen bis zu 10,000.000 K, fallweise mit ganzer oder teilweiser Konfiskation des Vermögens bestraft: |
§27 |
Die Regierung wird ermächtigt, die finanziellen Mittel für den Fortgang der Geschäfte (Unternehmungen), welche unter die nationale Verwaltung gestellt wurden, sicherzustellen, wenn ihr Betrieb im Interesse des wirtschaftlichen Lebens nötig ist. |
§28 |
1. Dieses Dekret tritt in Wirksamkeit mit dem Tage seiner Verkündigung. |